Dr. Joachim Hamers

Anmerkungen zur Sitzung des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsausschusses der Stadt Greven vom 15.10.2008

Der wichtigste Ausschuss des Stadtrates befasste sich am 15.10.2008 mit drei Anregungen der IG-GrevenEnergie (vormals IG-Gaspreis) zum Thema „Stadtwerke“.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Der Stadtwerke-Klüngel hat aus den öffentlichen Diskussionen nichts gelernt. Er braucht die überzogenen Gewinne der Stadtwerke zur Finanzierung von beliebigen anderen Dingen. Eindeutige Gesetzesvorgaben interessieren ihn nicht, weil sie nicht einklagbar sind. Eindeutige Gerichtsurteile werden ignoriert und das Rechtsamt der Stadt Greven tut, was es meistens tut: es schweigt.


Einführung von Sozialtarifen

In ihrer Vorlage für die Ausschusssitzung zitiert die Stadtverwaltung ausführlich eine Stellungnahme des Aufsichtsrates der Stadtwerke Greven GmbH, in der Sozialtarife abgelehnt werden – was aus Sicht des Privatunternehmens Stadtwerke sogar nachvollziehbar ist.

Die eigentliche Haltung der Stadtverwaltung (und damit auch deren eigenständige Leistung) zu diesem Thema reduziert sich hingegen auf drei Sätze:

Gem. § 109 Absatz 1 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) sollen Unternehmen der Gemeinde einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen, soweit dadurch die Erfüllung des öffentlichen Zwecks nicht beeinträchtigt wird. Gem § 109 Absatz 2 GO NRW soll der Jahresgewinn so hoch sein, dass mindestens eine marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals erwirtschaftet wird.

Der Verzicht auf den Gewinn der Stadtwerke bzw. die Rückvergütung des Gewinns an die Stadtwerke Kunden, würde den Regelungen des § 109 GO NRW widersprechen.“

Das heißt: die Stadtverwaltung beruft sich ausschließlich auf § 109 der Gemeindeordnung. Dabei stört es sie nicht, dass sie sich aus Anlass der Sondersitzung des Stadtrates noch im Januar 2008 auf eine gutachterliche Stellungnahme des Beratungsunternehmens PriceWaterhouseCoopers vom 10.12.2007 berufen hatte, in der es heißt (Seite 3): „Danach ist u.E. § 109 GO NW nicht auf die Stadtwerke Greven GmbH anwendbar.“

Wenn nun aber § 109 GO nach Auffassung der Stadtverwaltung überraschender Weise doch wieder für die Stadtwerke Greven GmbH Geltung hat, muss sie sich fragen lassen, ob sie die 30%ige Verzinsung des Eigenkapitals der Stadtwerke für marktüblich hält – ein Satz, der offenbar nach Ansicht der Stadtverwaltung auf keinen Fall unterschritten werden darf. Nach Berechnungen der Stadtwerke Greven GmbH würde die Einführung von Sozialtarifen etwa 48.000 Euro kosten – also weniger als 2% des langjährigen durchschnittlichen Gewinns der Stadtwerke. Sollte die derart reduzierte Eigenkapitalverzinsung von 28% der Vorgabe der Gemeindeordnung widersprechen?

Vielleicht sollte sich die Stadtverwaltung einmal darüber informieren lassen, mit welcher Eigenkapitalverzinsung andere Unternehmen rechnen, die nicht als Monopolisten am Markt auftreten können. Dem Bürgermeister als Mitglied des Aufsichtsrates der FMO GmbH sei dazu als erstes ein vertrauliches Gespräch mit Geschäftsführer Stöwer empfohlen.

(Die Anregung zur Einführung von Sozialtarifen wurde ohne Diskussion auf Antrag der SPD an den Sozialausschuss verwiesen. Eine Begründung dafür hat die SPD nicht gegeben.) Herr Meibeck hat dem per e-mail widersprochen: Er habe eine Überweisung an den zuständigen Fachausschuss beantragt, um den Erfolg des Antrages nicht zu gefährden.


Überprüfung der Preisanpassungsklauseln der neuen Stadtwerke-Verträge

Die Geschäftsführung hat in den vergangenen Wochen und Monaten ausführlich und wiederholt dazu Stellung bezogen. Es besteht keinerlei Vermutung, dass die von den Stadtwerken verwendeten Klauseln nicht gesetzeskonform sein sollten. Die Beauftragung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalens ist demnach nicht erforderlich.“

Dies ist die komplette Begründung der Stadtverwaltung dafür, dass sie eine gutachterliche Stellungnahme der Verbraucherzentrale zu den Preisanpassungsklauseln ablehnt. Eine eigene Meinung bildet sich die Stadtverwaltung nicht – sie zitiert lediglich den Aufsichtsrat der Stadtwerke, der sich seinerseits auf die Geschäftsführung der Stadtwerke beruft. Das Leben kann so einfach sein, wenn man sich auf andere verlassen kann.

Und wenn ich das richtig mitbekommen habe, haben sich alle Mitglieder des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsausschusses damit einverstanden erklärt mit Ausnahme von Dr. Kösters-Kraft und U. Stratmann (beratendes Mitglied).

Man muss sich das auf der Zunge oder woanders zergehen lassen: Es gebe keinerlei Vermutung, dass die verwendeten Preisänderungsklauseln nicht gesetzeskonform sein sollten. Das sagt die Geschäftsführung der Stadtwerke, der Aufsichtsrat (einschließlich 4 THÜGA-Mitgliedern) schließt sich an, die Stadtverwaltung plappert es nach und die Experten von CDU, SPD, Pro-G und UFW klatschen ausnahmslos Beifall dazu. Dass die Verbraucherzentrale NRW bereits die Preisänderungsklausel der Grevener Stadtwerke für rechtswidrig erklärt hat, interessiert den Stadtwerke-Klüngel wenig. Und dass der Bundesgerichtshof im April 2008 und das Oberlandesgericht Oldenburg im vergangenen Monat eindeutige Urteile gegen vergleichbare Preisänderungsklauseln gesprochen haben – für den Grevener Stadtwerke-Klüngel gibt es trotzdem „keinerlei Vermutung“, dass mit den Grevener Preisänderungsklauseln etwas nicht stimmen könnte. Wo kämen wir da auch hin?


Überprüfung der Gewinnabführungsverträge

Sie erinnern sich: Zu Beginn des Jahres hatten die Stadtwerke ihre Wassergebühren drastisch erhöht mit der Begründung, das Rohrleitungsnetz müsse saniert werden. Jedes vernünftige Wirtschaftsunternehmen bildet für einen solchen, voraussehbaren Fall Rücklagen. Die Stadtwerke Greven fühlen sich dazu aber nicht in der Lage, weil ein Gewinnabführungsvertrag mit der Grevener Versorgungs- und Verkehrsholding GmbH (Eigentümer: Stadt Greven) vorschreibt, dass regelmäßig der komplette Gewinn abgeführt wird. Die bestechende Logik des Monopolisten: erst werden überhöhte Preise verlangt, um den daraus resultierenden Gewinn an eine andere Gesellschaft abführen zu können. Wenn dann Sanierungsmaßnahmen anfallen, die üblicherweise aus den Rücklagen zu finanzieren wären, wird der Kunde zum zweiten Mal zur Kasse gebeten – durch Gebührenerhöhungen.

Dies kann nicht mit dem Energiewirtschaftsgesetz in Einklang stehen, das eine „möglichst preisgünstige“ Versorgung der Bürger mit Energie vorschreibt – wobei „möglichst preisgünstig“ vom Bundesgerichtshof mit „so preisgünstig wie möglich“ präzisiert worden ist. Wer aber die Energiekunden abkassiert, um damit Bäder und Flughafen zu finanzieren, missachtet diesen Grundsatz in fundamentaler Weise. Und daher hat die IG-GrevenEnergie die Anregung gemacht, den Gewinnabführungsvertrag zu überprüfen oder von einem in Fragen des Energiewirtschaftsrecht ausgewiesenen Sachverständigen überprüfen zu lassen.

Die Stadtverwaltung empfiehlt nun dem Stadtrat kurz und knackig: „Die Überprüfung der Gewinnabführungsverträge durch einen Sachverständigen wird nicht durchgeführt.“ Auf die Idee, die Gewinnabführungsverträge einmal selbst zu überprüfen – wofür hat die Stadt Greven eigentlich ein Rechtsamt? – kommt sie erst gar nicht.

Für ihre Empfehlung zitiert sie ausschließlich die folgende Stellungnahme des Aufsichtsrates der Stadtwerke – eine eigene Auffassung dazu hat sie offensichtlich nicht: „Die Stadtwerke Greven GmbH verstoßen nicht gegen die Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und nicht gegen die eigenen Unternehmensziele, insbesondere der preiswürdigen Bereitstellung von Energie und Wasser. Es besteht daher kein Grund zur Annahme, dass die bestehenden Gewinnabführungsverträge gegen geltendes Recht verstoßen. Aus diesem Grund ist die Beauftragung eines Sachverständigen entbehrlich, zumal hier nur unnötige Kosten produziert werden.“

Manch einer würde sich schämen, eine solche Begründung abzuliefern, die nichts anderes ist als eine trotzige Behauptung, die an das Rechthabenwollen pubertierender Jugendlicher erinnert. Aber die Grevener Stadtverwaltung schämt sich nicht. Manch einer würde auch vermuten, dass unsere Ratsmitglieder sich von der Stadtverwaltung nicht auf diese billige Art und Weise abspeisen lassen. Doch CDU, SPD, ProG und UFW haben kein Problem damit. Sie brauchen schließlich die Gewinne der Stadtwerke, um die selbst verschuldete Finanzmisere der Stadt Greven ohne „Offenbarungseid“ durchstehen zu können.


Dazu passt nahtlos, dass bei einem anderen Tagesordnungspunkt dieselbe Schuldenkoalition einen vorsichtigen Antrag der FDP ablehnt, wenigstens ein paar Anteile am Flughafen Münster-Osnabrück zu verkaufen. Es sei dafür kein Käufer vorhanden, hatte die Stadtverwaltung argumentiert – nicht etwa aufgrund eigener Recherchen, sondern weil es der FMO-Geschäftsführer dem Bürgermeister so ins Ohr geflüstert hatte.